Neulich in der Cantina…


Wir wollten nur ins Kino gehen, um uns “Banksy – Exit through the Gift Shop” anzusehen, aber es kam alles ganz anders: im verdunkelten Kinosaal schummerten verschwommene Farbflächen über die Leinwand, davor waren ein Schlagzeug und ein leicht antiquiert wirkendes Keyboard aufgebaut und zwei fremdartige Gestalten schlurften auf die Bühne. Als sie begannen versunken, fast ritualartig eine Art Space-Bossa-Nova zu spielen wurde uns schnell klar, dass die beiden keine menschlichen Wesen sein können. Die Melodien und Soundscapes strömten so polyphon und rhythmisch-vertrakt aus den Boxen, dass der Keyboarder mindestens zwölf Finger haben musste und der Bucklige am Schlagzeug ein drittes Bein. Zudem ähnelte die zweiköpfige Band – es waren zumindest nur zwei Köpfe sichtbar – mit ihren langen Gewändern und den turbanartigen Kopfbedeckungen einem Teil der Kapelle, die im ersten Star-Wars-Film die Gäste der Cantina auf dem Planeten Tatooine unterhielt. Wir wurden allmählich unruhig. Musiker aus einer anderen Welt, außerirdischer Sound? Da sie unserer Sprache scheinbar nicht mächtig waren oder uns durch ihre fremdartigen Laute nicht erschrecken wollten verzichteten die beiden auf Ansprachen und bedankten sich lautlos, aber stets höflich, zwischen den Songs mit flüchtigen, leicht unterwürfigen Verbeugungen. Langsam ließen wir die Knüppel und Stuhlbeine wieder zu Boden sinken. Offensichtlich kamen sie in friedlicher Absicht…

Luke Warmcop und Graham Mushnik machen als “Guess What” seit 2005 gemeinsam Musik. Nach ihrer Debut-EP “Guess what Plato told me” und einem Soundtrack zu einem Science-Fiction-B-Movie erschien 2009 ihr retro-futuristisches Album “Yuri Gagarin – 12 Modern Odes To History’s Greatest Spaceman” – eine Art Space-Age-Konzeptalbum mit zahlreichen Reminiszenzen an Ennio Morricone, Piero Umiliani, Dario Argento und andere Soundtracks italienischer Giallo-Filme der 60er und 70er Jahre. Ihr Auftritt passte nahezu perfekt ins loungige Münchner Atlantis Kino, in dem seit einiger Zeit schon Bands und Musiker live auftreten. Termine und Infos dazu gibt es via Facebook (wie sollten sich Außerirdische auch sonst verabreden?).

Nebenbei: Auch der Film “Banksy – Exit through the Gift Shop” war sehr sehenswert. Im extrem unterhaltsamen, pseudo-dokumentarischen Film des Franzosen Thierry Guetta geht es um Street-Art, Warholeske Geldmaschinen, Vermarktungsmechanismen auf dem Kunstmarkt und um Guettas eigene, unfassbare Künstlerkarriere als Mr. Brainwash. Der Namensgeber des Films, der britische Street-Art-Künstler Banksy, durfte vor kurzem außerdem einen Vorspann für die Simpsons-Folge “MoneyBart” gestalten, die in den USA bereits ausgestrahlt wurde. Er verlängerte die vertraute Introsequenz der Serie und nutzte sie als 2-Minuten-Plattform für Kritik an der Herstellung von Simpsons-Trickfilmen und Merchandisefiguren in den Sweatshops asiatischer Billiglohnländer – ebenfalls sehr gelungen und auf Youtube zu sehen!

►  Banksy – Simpsons-Vorspann “MoneyBart”