Hans Unstern



Hans Unstern hat zusammen mit Nackt aus dem Chez Cherie – Studio eine Platte aufgenommen. Sie heißt Kratz Dich Raus und erscheint im April 2010. Max Dax schreibt: „Dieser kleine, schlanke Mann mit den sorgfältig gezupften Augenbrauen, den wohlgesetzten Haarklammern und dem wuchernden Bart ist jung. Viel jünger, als man denkt. Er bewegt sich auf der Bühne wie ein Halbgott. Er spielte die Mundharmonika zärtlich. Dass seine Gitarre nach wenigen Songs verstimmt war, zeugte von der Unerfahrenheit des Helden, tat aber nichts zur Sache. Er sang mit hoher, selbstbewusster Stimme. Seine Musiker stellte er zum Schluss des Konzertes mit ihren Vornamen vor…“

Der Ja, Panik Sänger Andreas Spechtl schreibt über Unstern: „Ein staubiges Europa ist das Interieur dieser Platte. Ein letzter Gruß von den Straßen einer zerfallenden Welt. Ob Hamburg, Anglet oder Barcelona, es liegt ein Schleier über den Geschichten. Hier unternimmt jemand übermütig und fast trotzig eine Reise, in einer Zeit in der das Wort zusehends seinen Begriff verloren hat. Gibt es doch schon kein Dort mehr, das nicht augenblicklich in ein Hier verwandelt werden könnte. Es ist diese Sehnsucht nach dem unbedingten unterwegs sein, die, da sie auf die Strecke und nicht das Ziel schielt, sich vehement gegen die Allmacht der Echtzeit stemmt, eine melancholische Verstimmung, die erst das neue Jahrhundert mit sich brachte.

Mein Leben hangelt sich an Autobahnen entlang / Automobile hasse ich mehr als alles / Werd mir einen Zebrastreifen malen / Wie sie ihrem Ziel entgegenrasen / Wie sich auf der Ueberholspur Penisse jagen / Mein Blick verbeugt sich mehr und mehr / Aus dem Strassengraben befuehle ich die Dinge neu

Die eigenartige Schönheit der Musik, die sich zuvorderst am Beginn eines Stückes bestimmen lässt, da wo sich der erste Ton jedes Mal wieder aus einem Abgrund schält, den das zuvor gehörte hinterlassen hat, hat sich mir erst relativ spät erschlossen. Es ist so, als hätte man sich als erstes die Grammatik dieser Platte anzuschaffen um verstehen zu können, dass sich das Klick und Klack hier, das Kreischen und Kratzen da, die scheinbaren Irrwege und die Haken die sich durch die Musik schlagen, niemals nirgendwohin verlieren und niemals den Worten ins Wort fallen. Nein, ganz im Gegenteil, denn wenn der Song ausbricht, bricht er ins Ganze der Platte auf, und er macht es mit Kalkül, macht es ihretwillen. Ganz wie der Tag die Nacht braucht um sich nicht in Zeit aufzulösen und seinen Namen zu verlieren, scheint kein Stück so recht ohne das andere funktionieren zu wollen. Das fertige Stück funktioniert nur als kurze Station, der Aufbruch ist immer schon angedacht. Alles irrt einer unartikulierbaren Idee, einer, die sich nicht benennen lassen will, entgegen.

Und so begegnet einem beiläufig eine Melodie, die man sich nicht Refrain zu nennen getraut, weil sie auf einmal so unvermittelt und hilflos im Raum steht und alles um sie herum weggebrochen ist, dass jedes Wort das man sich denken will einer groben, unsittlichen Berührung gleichkommt. Wie ein Flaneur in den weiten Passagen von Paris bewegt man sich durch die Musik, schleicht man gebannt durch eine fremdartige Welt aus dekorierten Durchgangszimmern.

Es ist diese Ungreifbarkeit, die die Aufmerksamkeit schärft, nach der jeder Ton verlangt. So gesehen ist Hans Unstern dann doch weniger Geschichtenerzähler, denn vielmehr Trickser. Und wie immer wenn sich das Erfundene neben das Erlebte drängt, verwandelt sich auch hier alles zur Show. In unserem Fall zur großen Hans Unstern Show. Willkommen.“

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