Das Oktoberfest hat zwar bereits begonnen, aber die Frage nach einem möglichen Wiesn-Hit bleibt dieses Jahr weiterhin ungeklärt. Die Kapellmeister waren ziemlich ratlos und mussten im Vorfeld relativ gewagt spekulieren, um mögliche Favoriten noch in ihr Repertoire aufnehmen zu können. Sogar die WM in Südafrika brachte keine guten Vorlagen mehr, da die Sportfreunde dieses Jahr untätig blieben. Allein der durch Yolanda Be Cool zum Sommerhit gepitchte alte Renato-Carosone-Schlager “We no speak Americano” dürfte mit Sicherheit zumindest am Italiener-Wochenende seinen Zweck erfüllen. So wird ansonsten wahrscheinlich wieder auf alte Hits wie “Sierra Madre”, “Wahnsinn” (Hölle, Hölle, Hölle), “Living next door to Alice” (Who the fuck is Alice?), “Hey Baby”, auf “Angels” von Robbie Williams und auf den Wiesn-Klassiker “Fürstenfeld” zurückgegriffen werden. Letzteres ist bereits so lange im Münchner Bierzelteinsatz, dass uns schon zahlreiche Hamburger Musiker völlig entgeistert anblickten als man ihnen erklären musste, dass es sich dabei nicht um bayerisches Liedgut handeln würde. Bayerisch und Österreichisch zu unterscheiden fällt ja so manchem Norddeutschen schwer, aber auf “I brauch ka große Welt” wird sich nie “Fürstenfeldbruck” reimen – egal, in welchem Dialekt und in welchem Trunkenheitszustand auch immer.
Um all diesen Bierzelt-Dauerbrennern etwas entgegenzusetzen haben G.RAG und die Landlergschwister, die sich seit Jahren schon auf die Fahnen schreiben “den versauten Ruf bayerischer Folklore wieder herzustellen”, rechtzeitig vor der Wiesn auf ihrem hauseigenen Münchner Label “Gutfeeling” eine Blasmusikversion des Kraftwerk-Klassikers “Das Modell” veröffentlicht – wahrscheinlich eines der am häufigsten gecoverten Stücke der Düsseldorfer Elektronikpioniere. Neben zahlreichen Metal-Bands haben sich bereits Zoot Woman, die Cardigans und auch Rammstein daran versucht. Eine der charmantesten Interpretationen stammt jedoch von der russischen Band “Messer Chups” aus St.Petersburg. Ihre Instrumentalversion macht den Kraftwerk-Klassiker fast Tarantino-Film-Soundtrack-tauglich.
Wenn G.RAG und die Landlergschwister nun auch in diesem Jahr wieder in Minimalbesetzung am 2. und 3. Oktober in einem kleinen wetterfesten Häuschen auf der Krinoline gastieren und jede Fahrt des Karussells mit Livemusik untermalen darf man gespannt sein, ob das traditionsbehaftete Fahrgeschäft (selbst auch schon ein älteres “Modell”) dann zu 4/4-Beat und Kraftwerkklängen etwas moderner seine Gondeln schwingen lässt. Falls in Zukunft auf der Wiesn auch der Fünfer Looping mit Livemusik beschallt werden sollte steht die nächste Blasmusik-Coverversion eines Kraftwerk-Songs auf jeden Fall schon fest: Wir fahr’n fahr’n fahr’n mit der Achterbahn…
G.Rag und die Landlergschwister – “Das Modell” ►
Messer Chups – “Das Modell” ►